Wassernutzung bedeutet gleichzeitig auch vielfach Wasserverschmutzung. Wasserverbände, Kommunen und Städte sind für die Reinigung des Abwassers aus Haushalten und Industrie verantwortlich. Mit Hilfe von Abwasserkläranlagen wird das Wasser gereinigt wieder in die Natur zurückgeführt.
In der Lipperegion sorgen 53 Kläranlagen des Lippeverbandes und in der Emscherregion 5 Kläranlagen der Emschergenossenschaft für die Reinigung der Abwässer. Bei diesem Prozess entsteht als Restprodukt kommunaler Klärschlamm. In Deutschland fallen im Jahr mehr als 7.000.000 Tonnen mechanisch entwässerter Klärschlamm mit einem Feststoffgehalt von ca. 25 % an.
Die Verwendung von Klärschlamm als Düngemittel in der Landwirtschaft ist seit langer Zeit gängige Praxis. Er enthält wertvolle Nährstoffe wie Phosphor. Nach der neuen Abfallklärschlammverordnung aus dem Jahr 2017 und der Diskussion um im Klärschlamm enthaltene Schadstoffe wie Arzneimittelreste, hormonale Stoffe, Mikroplastik und Schwermetalle ist das aber vorbei. Die Menge an Klärschlamm, die einer gesicherten Entsorgung über die Verbrennung zugeführt werden muss, nimmt somit zu.
INNOVATHERM betreibt in Lünen bereits seit 1997 eine Klärschlammverbrennungsanlage.
Der Heizwert mechanisch entwässerter Klärschlämme reicht nicht aus, um diesen ohne Stützfeuerung mit Primärenergieträgern wie Heizöl oder Kohle zu verbrennen.
Durch Konditionierung der mechanisch entwässerten kommunalen Klärschlämme mit höherkalorischen Schlämmen, die teilweise aus der Industrie stammen, oder extern getrocknetem Klärschlamm wird der Heizwert so weit angehoben, dass die Verbrennung ohne Stützfeuerung möglich ist. Man spricht von einer selbstgängigen Verbrennung.
Die Abfallklärschlammverordnung schreibt ab 2029 die Rückgewinnung des in kommunalen Klärschlämmen enthaltenen Phosphors aus der Klärschlammverbrennungsasche zwingend vor. Um diese Rückgewinnung so wirtschaftlich und effektiv wie möglich durchführen zu können, ist eine Verdünnung oder Vermischung der Klärschlammasche mit anderen phosphorarmen Aschen möglichst zu vermeiden.
Um den Heizwert der Klärschlämme zu erhöhen und somit eine selbstgängige Verbrennung, also ohne Zuschlagstoffe oder Einsatz von Primärenergie, realisieren zu können, muss dem Klärschlamm etwa 2/3 des in ihm enthaltenen Wassers entzogen werden.
INNOVATHERM plant daher den Bau einer Klärschlammtrocknungsanlage, die auf dem bestehenden Firmengelände direkt neben der Verbrennungsanlage errichtet werden soll.
Unter dem Stichwort Kreislaufwirtschaft soll dann am Ende des gesamten Prozesses deutlich mehr Phosphor zur Wiederverwertung zur Verfügung stehen. INNOVATHERM rechnet mit einer Rückgewinnung von bis zu 3.000 Tonnen Phosphor pro Jahr.
Für den Betrieb der Klärschlammtrocknungsanlage wird ein Bunkergebäude mit einem Gesamtfassungsvermögen von ca. 5.400 m³ für mechanisch entwässerten Klärschlamm mit einer vollautomatischen Krananlage in zwei Ausbaustufen errichtet.
Das Gesamt-Anlagenkonzept umfasst darüber hinaus die wärmetechnische Anbindung der Trocknungsanlage an den bestehenden Wasser-Dampf-Kreislauf des Kraftwerkes der INNOVATHERM, ein Fördersystem zum Transport des teilgetrockneten Schlamms zwischen Trocknergebäude und Verbrennungsgebäude, eine Anlage zur Aufbereitung der entstehenden Abwässer aus der Trocknung, den Brüden, eine Abluftbehandlungsanlage zur Reinigung der aus der Bunkeranlage abgesaugten geruchsbehafteten Abluft und ein Regenrückhaltebecken.
Bis zum Jahr 2022 sollen in der ersten Ausbaustufe drei Trocknungslinien für eine Schlammannahme von 240.000 t/a installiert werden. In der Endausbaustufe sollen drei weitere Trocknungslinien installiert werden. Daraus resultiert eine Gesamtkapazität in der Schlammannahme von 480.000 t/a mit einer Wasserverdampfung von 240.000 t/a.
Zur Überprüfung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung-UVP notwendig ist, wurde am 11.07.2018 ein Antrag über eine Feststellung der UVP-Pflicht gestellt und mit Schreiben vom 17.08.2018 seitens der Behörde festgestellt, dass unter den in dem Antrag gestellten Rahmenbedingungen keine UVP erforderlich ist.
Eine Verkehrsknotenpunktuntersuchung für die Kreuzung Brunnenstraße/Frydagstraße hat ergeben, dass keine spürbare Veränderung oder Verschlechterung der Verkehrssituation zu erwarten ist.
Vor Baubeginn muss ein Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz durchgeführt werden. Die Genehmigung nach § 16 Bundesimmissionsschutzgesetz zur Änderung der bestehenden Klärschlammverbrennungsanlage erfolgte mit Datum vom 23.06.2020.